2008
Der Beginn einer Leidenschaft - eine Geschichte die im Mai 2008 für uns begann und bis heute andauert.
Nach einigen schweren Wochen in unserer Beziehung beschließen wir, dass sich etwas ändern muss. Wir entscheiden uns zu einem Kurzurlaub an der deutschen Nordsee, um neue Kraft zu tanken und Ideen zu sammeln.
Am Strand von Schillig sehen wir dann zum ersten Mal die bunten Schirme am Himmel tanzen.
Ein magischer Moment, wie ich heute rückblickend sagen kann.
Wir genießen bei bestem Wetter den Ausblick auf die Kiter und beschließen - wir wollen auch fliegen lernen!
Um erste Erfahrungen zu sammeln, kaufen wir uns erstmal eine kleine Matte und machen erste Flugübungen am Strand von Schillig.
Voller Euphorie fahren wir nach einer wunderschönen Woche nach Hause und begeben uns an die Planung.
Ein Kite-Kurs muss her und das so schnell wie möglich. Also ab ins Netz. Wenige Stunden der Suche und einige Telefonate später haben wir gefunden was wir suchten.
Ein Kite-Kurs zu moderatem Preis am Steinhuder Meer. Ein weitere Meilenstein im Jahr 2008.
Leider haben wir bei unserem 3-tägigen Kurs wenig Glück mit dem Wind, so dass der erste Tag nahezu nur aus Materialkunde und Theorie bestand. An den beiden Folgetagen lief es dann etwas besser. Obwohl das Leihmaterial eher bescheiden war, haben wir trotzdem Spaß gehabt.
Im Kurs selbst haben wir aufgrund des fehlenden Windes leider keine nennenswerten Meter auf dem Brett machen können. Trotzdem hat es uns infiziert - das KiteVirus. Und da wir eine gravierende Änderung in unserem Leben wollten, entschieden wir uns trotz der recht hohen Anschaffungskosten dazu, zwei Ausrüstungen zu kaufen.
Dank Ralf - dem Besitzer vom Surfer’s Paradise, kamen wir dann dennoch gut weg. Unser Einstiegsequipment bestand aus dem Cabrinha Convert in den Größen 12 und 15m². Dazu gesellten sich ein Surfer’s P - Board und ein Crazyfly Allround Board. Dazu noch Trapeze von PatLove, Neoprenanzüge von ProLimit sowie Mystic und passende Neoprenschuhe. Wie gesagt - wir hatten damals kaum Meter auf dem Wasser gemacht und sind mit dem Kauf buchstäblich in kalte Wasser gesprungen.
Aber jeder von Euch, der von dem Virus infiziert ist, kann diesen Schritt wohl bestens nachvollziehen.
Mit vollgepackten Kofferraum sind wir in Richtung Heimat aufgebrochen - in eine neue, bewegte Zeit.
In den folgenden Wochen setzten wir alles daran, so oft wie möglich aufs Wasser zu kommen. Unseren Freund Mucki - den Ihr hier auf vielen Bildern bereits gesehen habt, haben wir direkt mit angesteckt.
Wir haben ihm einen Kurs bei Ralf verabreicht und ihn am Ende des Kurses davon überzeugen können (er würde im Nachhinein sagen: Die haben mich dazu gezwungen!) sich auch das Equipement zuzulegen. Aber auch er hat diesen Schritt nicht bereut und wie ihr in den Berichten der nachfolgenden Jahre lesen könnt - haben wir zusammen viel Spaß gehabt.
Und was dann passierte, war im Nachhinein gesehen absolut vorhersehbar. Aber wenn man frisch infiziert ist, fehlt es einem oft an dem gesunden Rundumblick. Man könnte es mit der “rosaroten Brille” vergleichen, die man als frisch-verliebte(r) auf der Nase trägt.
Von unserem damaligen Wohnort aus boten sich zwar viele Möglichkeiten im Bereich von 300km Entfernung, aber die Unterkunft an den Spots stellte ein riesen Problem dar. Für zwei Tage eine Ferienwohnung mieten? Wohl kaum möglich. Außerdem ist der Wind auch da, wenn man sich eine Wohnung gemietet hat?
Mittlerweile war unser vorheriges Hobby nahezu in Vergessenheit geraten und stand (leider) nur noch in der Garage. Beim Schreiben dieses Textes blicke ich wehmütig zurück auf meine “Monster Q” - der eierlegende Wollmilchsau von BMW. Ich spreche von meiner ehemaligen 1150 GS - die wir nach kurzer Überlegung verkauft haben.
Die Überlegung war - wer dem Wind hinterher fahren will, kann nicht in Ferienwohnungen hausen. Je nach Wetterlage ist das Zelten auch nicht die dollste Lösung, auch im Hinblick auf das Equipement und die nassen Neos.
Also fiel die nächste Entscheidung - ein Surfmobil muss her.
Nach Stunden der Suche nach einem entsprechenden VW Pendant, stellten wir fest - diese Busse sind schon recht klein. Insbesondere für meine 1,92m. Zudem waren die Preise für das gebotene in unseren Augen oft unverhältnismäßig.
Also erweitern wir unsere Suchkriterien und stoßen dabei auf ein kleines schnuckeliges Wohnmobil von EuraMobil. Mit knappen 6 Metern Gesamtlänge gar nicht viel größer als ein mittelgroßer Bus auf Sprinterbasis.
Und es war Liebe auf den ersten Blick. Zwar war das Mobil etwas älter als die anderen, die wir fanden - dafür bot es eine üppige Ausstattung, qualitätiv hochwertige Möbel und massig Stauraum im doppelten Boden. Auf dem Weg von der Besichtigung nach Hause stand der Entschluss - wir kaufen ein Wohnmobil.
Hätte mir das einer Anfang des Jahres gesagt - hätte ich ihm einen Vogel gezeigt.
Wir?Wohnmobil?
Da denken wir an - “die Camper”. Oh Gott, alte Leute Urlaub. Abgewrackte Gemeinschaftsduschen, Gartenzwerg überfüllte Vorgärten mit aufgestelltem Sichtschutz aus billigem Plastik.
Das waren nur einige der Vorurteile die uns spontan dazu einfielen.
Aber weit gefehlt!
Wenn wir in 2008 eines gelernt haben - dann das:
Legt Eure Vorurteile ab!
und fast noch wichtiger:
Überlegt’ nicht zu lange!
Wenn sich Euch eine Möglichkeit bietet, von der Ihr denkt, dass sie Eure Leben total bereichern kann und Ihr Euch das Ganze finanziell erlauben könnt ohne dabei Schiffbruch zu erleiden - greift zu! Wir sind bis heute dafür belohnt worden.
Der erste Ausflug zum Steinhuder Meer, war rückblickend immer noch einer der Schönsten. Wahrscheinlich weil wir Glück mit dem Wetter (Sonne und Wind), dem Stellplatz, dem Wohnmobil und natürlich UNS hatten.
Wie auf diesen Bildern unschwer zu erkennen ist - haben wir unsere Krise gemeinsam gemeistert!
Dank’ meiner Eltern haben wir nahezu einen kompletten Wohnmobil-Haushalt geerbt. Die fehlenden Dinge haben sich dank der langjährigen Erfahrungen der beiden schnell gefunden und so wurden die ersten Ausflüge immer volle Erfolge. Oft wurden wir gefragt - seit wann fahrt ihr denn Wohnmobil? Das sieht alles so routiniert aus… Oder: Wo habt ihr den Kniff den her?
An dieser Stelle ein großes Dankeschön an Angelika und Hansi - Eure Ratschläge und Erfahrungen haben uns immer geholfen und vor den üblichen Fettnäpfchen im Camping bewahrt
Vom Steinhuder Meer aus sind wir dann zum ersten Mal nach Fehmarn gefahren. Um es mit Ralfs’ Worten zu sagen - dem Hawaii Deutschland. Ich höre ihn noch sagen: ” Wenn es irgendwo Wind in Deutschland hat, dann auf Fehmarn.” Fahrt doch lieber hoch, hier in Mardorf gibts in eurem Urlaub keinen Wind mehr.
Seinem Rat sind wir gefolgt, wobei er damit nicht immer richtig lag. Aber auch das gehört wohl zum Kiten - wie die rosarote Brille beim Verliebt sein. Der Wind macht einem oft einen Strich durch die Rechnung. Aus der Not sollte man dann allerdings eine Tugend machen. Wenn der Wind nicht da ist, erkunden wir halt die Gegend. Sammeln neue Eindrücke und lernen Deutschland mal von einer ganz anderen Seite kennen.
Denn auch das haben wir gelernt - Deutschland hat viele schöne Seiten und Orte, die wir vorher nicht kannten.
Annika wird diesen Urlaub noch lange in Erinnerung behalten, dank eines radikalen Absturzes am Grünen Brink.
Nach einem verzweifelten Versuch, den Kite alleine! am Strand zu landen, wir der Schirm von einer mächtigen Böe wieder in die Luft gerissen - mit Annika am Haken. Ich bin zu dieser Zeit auf dem Wasser und erfreue mich an meinen ersten längeren Fahrten, als ich den 12er Convert hochjubeln sehe. Die nächsten Momente laufen wie in Zeitlupe ab.
Ich sehe Annika über den Strand rutschen. Völlig verzweifelt versucht sie den Schirm zu kontrollieren. Bauchwärts rutscht sie in Richtung Deich - und Zaun! Der Schirm taucht hinter dem Deich ab und Annika kommt zum Erliegen. Puh. Glück gehabt. Ich sehe wie sie sich aufrafft, anscheinend ist sie unverletzt geblieben. Sie sprintet hinter den Deich und kommt einige Minuten später mit einem zusammen gefalteten Schirm zurück. Zwischenzeitlich bin ich runter vom Wasser und kann ihr helfen.
Fazit von diesem Anfängerfehler:
- Einige Schrammen
- ein riesen Schreck mit nachhaltiger Wirkung
- eine neue Frontbladder für den 12er Convert - die getrockneten Gräser haben einige Löcher verursacht
- das Tuch und die Leinen sind zum Glück völlig unbeschädigt geblieben.
Nach diesem Urlaub stand für Annika fest - Fehmarn brauch’ sie so schnell nicht wieder. Aber auch das sollte nicht allzu lange anhalten.
Wir sind dann im August wieder an die Nordsee gefahren, wo wir an verschiedenen Spots Erfahrungen gesammelt haben. Zum Beispiel die Auswirkungen von Ebbe und Flut, über die wir uns vorher wenig Gedanken gemacht haben.
Das kommt eben von der rosaroten Brille und dem fehlenden Rundumblick. Aber auch das gehört zu unserer Geschichte und den Erfahrungen die wir gesammelt haben. Im Nachhinein lachen wir auch heute noch oft über unsere gedankenlosen Planungsfehler und die Fettnäpfchen, die man so als blutiger Anfänger gerne mitnimmt.
Trotzdem hatten wir im Herbst noch viel Spaß. Neben Spots wie Upleward und Norddeich, sind wir dann im November nochmal an die Ostsee gefahren. Dort waren wir in Pelzerhaken und auch in Heiligenhafen auf dem Wasser.
Heute würde ich bei solchen Bedingungen nicht mehr unbedingt fahren - aber als frisch infizierter interessierten mich Annikas’ Einwände wenig. Also machte ich mein Board an die Hundeleine und begab mich bei dichtem Nebel und vielleicht 100m Sicht aufs Wasser. Die Temperatur lag gefühlt bei unter Null, tatsächlich lag sie bei 5 Grad. Also bitter kalt. Ich übte ganz alleine auf dem Wasser fleißig meine Trambahnhalsen, ohne Rücksicht auf Verluste. Und dann kam es wie es kommen musste - ein netter Abflug und los war ich das Board. Zum Glück hing es noch an der Hundeleine.
Den Strand und Annika konnte ich schon nicht mehr sehen - zu nebelig. Als mir das Wasser über den Nacken in den Anzug läuft, merke ich erstmal wie kalt es eigentlich ist. Ob ich mit Bodydrags noch an den Strand komme ohne ernsthaft zu unterkühlen?
Klar war mir in diesem Moment - Bodydrag geht gar nicht. Viel zu kalt.
Also muss das Board wieder her. Ich ziehe an der Leine und stelle mit Erschrecken fest - das Board hat sich in knapp unter der Wasseroberfläche wachsenden Algen verfangen. Möööp möööp. Also irgendwie vorsichtig mit der einen Hand ziehen und mit der anderen den Kite ordentlich am Himmel halten. Für meinen damaligen Kenntnisstand schon ganz schön viel auf einmal. Vor allem durch die bittere Kälte im Anzug war ich aber ausreichend motiviert und schaffte es letztlich auch, das Board heranzuziehen. Board unter die Füße und ab an den Strand. Der Ausflug und die Saison war für mich beendet. Zum Glück ohne Material- oder körperlichem Schaden.
Das Jahr ließen wir dann bei einer gemeinsamen Sylvesterparty ausklingen - bei entsprechendem Pegel gab es dann bei SingStar eine Menge zu lachen.
Fazit des Jahres 2008:
- viel gewagt und viel mehr zurück bekommen!
- neues Hobby, neue Freunde und eine
- Menge Menge Spaß gehabt!
- Kiten macht süchtig!
- Wohnmobil fahren ist nicht nur was für “Alte”!
- Deutschland hat wunderschöne Ecken!
- und finally: wer den ganzen Sommer und Herbst FlipFlops trägt, hat im Winter heiße Füße!